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Themengalerie: Christophorus-Express

Christophorus, der Schutzpatron der Autofahrer.
Bereits seit den 60iger Jahren verband er Düsseldorf mit München Ost, wobei er morgens am Rhein abfuhr um am frühen Nachmittag an der Isar anzukommen. Nach kurzem Rangieraufenthalt ging es dann auch direkt wieder zurück. In den 80iger Jahren hatte er wohl seine Blütezeit als aus Kapazitätsgründen teilweise sogar zwei Züge verkehrten: Voraus nur die Autotransportwagen gefolgt von den Fahrgästen im zweiten Zug. Hohen Bekanntheitsgrad erlangte der Zug auch durch die eingesetzten Loks. Neben BR 111 der Düsseldorfer S-Bahn in grau-orange kamen vor allem 103er zum Einsatz, aber auch 110 und zuletzt 120. Der Christophorus war dabei sogar eine der letzten Zugleistungen die planmäßig sogar noch in 2003 mit 103 bespannt waren. Bis 29. April 2007 zogen noch abwechselnd 101 und 120 den Zug der laut DB AG eingestellt wird weil die Waggons das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben. Eine Beschaffung von neuen Waggons ist angesichts der Konkurrenz aus Auto und Flugzeug sowie der Einstellung anderer Autozug-Verbindungen und der damit sinkenden Auslastung des Wagenparks angeblich nicht rentabel.
Angesichts der aktuellen Klimaschutzdiskussionen, der Verschrottung von intakten Waggons (Umbau? Und: Für den MET war ja damals auch nichts zu teuer) und der offensichtlich zeitweise sehr guten Auslastung ein erneuter Treppenwitz der DB AG... Der Christophorus hat mich übrigens zum Fotografieren gebracht, meine erste "echte" Streckenaufnahme ist 103 167 an eben jenem Zug.

Das Altmühltal darf natürlich in einem Porträt über den Christophorus nicht fehlen, weswegen wir gleich hier anfangen. Am 14. April 2007 rollt 101 124 am geöffneten Einfahrsignal des zum Haltepunkt verkommenen Bahnhofs Dollnstein vorbei. Dollnstein leitet sich ab von "Toller Stein", wobei hier nicht der Burgsteinfelsen (links im Bild) gemeint ist, sondern der 80m lange und 20m hohe Kirchfelsen in der Ortschaft.
Am Vor-Vor-Letzten Einsatztag bespannte 101 135 den Zug, der hier gerade den mittelalterlichen Stadtkern von Dollnstein passiert. Von der einstigen Burg, die auf dem "tollen Stein" errichtet wurde, ist nichts mehr zu sehen - lediglich Teile der Wehrmauer sind noch zu erkennen. Dies ist aber auch nicht weiter verwunderlich, die schon halb verfallene Burg wurde 1804 an sieben Dollnsteiner versteigert welche sie anschließend als "Steinbruch" nutzten.
An der gleichen Stelle, allerdings von einem alten Signalfundament direkt am Bahndamm aus, fotografierte Sebastian Terfloth unseren Autozug. Deutlich sichtbar das große gesprengte Loch zwischen Schäfersberg (rechts) und Stupbergfelsen (links), der unter Fotografen wohl besser als Affenfelsen bekannt ist. Direkt danach hat der Zug erstmals die Altmühl überquert.
Nicht fehlen darf natürlich das Motiv mit dem Einfahr-Vorsignal von Dollnstein, einem Spiegelei welches wohl ebenso bekannt ist wie die von Mutter Beimer aus der Lindenstraße. Dollnsteins Pfarrer Pönlein, der damals auch einige Hühner hielt, notierte während der 2 Jahre Bahnbau um den Ort 82 uneheliche Kinder in der Pfarrchronik: "Natürlich bringt die Bahn auch mehr Verkehr!" Fragt sich nur, wie der Pfarrer dies meinte ;)
Viel Verkehr herscht auch im Großraum Würzburg, wohin uns nun Marcel Gsänger kurz entführt. Von der Staatsstrasse 2437, die über den Main hinweg den Markt Retzbach mit Zellingen verbindet, lichtete Marcel Gsänger 120 135 ab. Wie der Pfarrer der Wallfahrtskirche "Maria im grünen Tal" die Verkehrssituation einschätzt ist uns allerdings nicht bekannt...
Beim zweigleisigen Ausbau der Altmühlbahn war auch Oskar von Miller, der spätere Gründer des Deutschen Museums, beteiligt. Bei einer Vermessung, die üblicherweise in Fuß durchgeführt wurden, unterlief ihm jedoch ein peinlicher Fehler: die Meßlatte war zu kurz und sein Ergebnis logischerweise falsch.
Um seinen Fehler zu vertuschen teilte er der Oberbaubehörde mit er habe in "Dollnsteiner Fuß" gemessen, welcher um 1/10 kürzer ist als der Bayerische Fuß... Ca. 540.000 Fuß von seinem Wohnort entfernt erwartete Stefan Wölk am 22. Dezember 2006 unseren Autozug mit 120 151. Markus Pohl (vorheriges Bild) hatte es mit ca. 115.000 Fuß nicht ganz so weit.
Von Millers Lohn betrug damals wohl ca. 1200 Gulden (~2400 Mark), verglichen mit den 150 Mark eines Tagelöhners ein fürstliches Gehalt. Dafür hatte er rund 60 Stunden in der Woche zu arbeiten, wobei er ua. die Aufschüttung des Bahndamms mit Sand aus Weißenburg sowie die Verlegung von eisernen Schwellen "System Heindl" überwachte. Am Bau des 633m langen Tunnels durch den Kruspelberg, in dem unser Zug gleich verschwindet, war er jedoch nicht beteiligt.
Das im Obereichstätter Hochofen seit der Hallstattzeit um 800 vor Christus geschmolzene Eisen wurde industriell in den beiden, durch Wasserkraft angetriebenen, Hammerwerken Hagenacker und Bubenroth weiterverarbeitet. Die Region kam damit in der damaligen Zeit zu bescheidenem Wohlstand. Später wurde Bubenroth in eine Sägemühle umgebaut. Das beim Bau der Eisenbahn um 1867 benötigte Eisen kam daher nicht aus diesen Betrieben, und den Wohlstand bringen heute die Touristen...
...Touristen wie Cor Hoogendoorn aus den Niederlanden, der irgendwann in den späten 80iger Jahren das Altmühltal mit dem Fahrrad erforschte. Als Eisenbahnfreund war natürlich jederzeit der Fotoapparat griffbereit - so wie hier bei der Durchfahrt des Christophorus in Treuchtlingen mit 110 306. Die damals in Köln beheimatete Lok ging später an DB Regio Stuttgart und wurde 2006, immer noch im blau-beigen Kleid, verschrottet.
Nur eben diese Touristen dürfen sich aufgrund kapitalgeiler Manager und politisch gewünschtem Börsenwahn eine andere Möglichkeit der Beförderung an den Urlaubsort suchen. Urlaubsorte wie beispielsweise Günzburg - dort ist bekanntlich das Legoland, dessen wunderschöne Werbelok am 4. September 2003 den Zug bespannte. Damals freute ich mich über die Lok - heute ärgere ich mich über das Bild, entstand es doch mit einer recht einfachen DigiCam...
Werbeloks gab es öfter am Christophorus, und erfreuten aufgrund des langen Laufweges Fotografen in ganz Deutschland. In den letzten Monaten waren jedoch die ehemaligen Metropolitan-Loks 101 124, 126, 130 und 131 "Stammlok" am Zug, wohl wegen den immer wieder auftretenden Störungen an der UIC-Datenleitung bei Zügen mit normalen IC-Wagen.
So auch im "Winter" 2006 / 2007, als 101 131 in verkehrsrot am Zug war. Winter - ja, wars denn ein Winter? Sagenhafte 3 Tage Schneedecke in den Breiten um Treuchtlingen, schneefreie Skiregionen mit notgedrungen wandernden Wintersportlern, die teilweise auch mit der Bahn anreisten.
Eigentlich könnte man mal diese Fichte mit einer Lichterkette schmücken, zur Jahreszeit würde es zumindest passen: auch dies ist ein Winterbild, man mag es kaum glauben. Markus Pohl drückte kurz vor dem Sonnenuntergang auf den Auslöser.
Letztes Jahr hat es auch um diese Zeit noch geschneit, 2007 blühte Mitte April bei sommerlich anmutenden Temperaturen bereits der Winterraps auf. Rund 1 Tonne Rapsöl lässt sich übrigens pro Hektar Anbaufläche ernten, was umgerechnet rund 1000 Liter Diesel entspricht - Diesel brauchen wir aber nicht, 120 135 läuft ja mit Strom aus der Steckdose ;)
Steckdose? Nein, nicht ganz - aber aus dem Unterwerk. Relativ spät, am 8.11.1962, begann die Elektrifizierung der Strecke Würzburg - Treuchtlingen, zu der auch der Bahnhof Windsfeld-Dittenheim gehört. Kurioserweise stand dort Markus Pohl und lichtete den selben Zug wie ich wenige Kilometer vorher ab.
17.000 Isolatoren, 400 km Fahrdraht, gleichzeitig neue Selbstblock-Lichtsignale und gut 140 Mio. Mark waren für die Elektrifizierung veranschlagt. Am 15. März 1963 begann der Probebetrieb mit E41 362, wenige Tage später rollte mit E10 1312 der Eröffnungszug. Und 101 029 "DVD" bespannte genau 43 Jahre nach Auftragserteilung unseren Zug.
Wie in Italien Strom produziert wird weiß ich aber: ca. 1/3 in Gaskraftwerken, 1/3 durch Wasser und Sonne, und der Rest verteilt sich auf den Rest. Einem konnten sich die Urlauber, die am 8. Juni ´04 für die Heimreise unseren Az nutzten, jedoch sicher sein: Kein AKW in Italien. Dass ein weiteres Drittel des dortigen Stroms aus Schweizer Reaktoren stammt, kehren wir mal unter den Teppich, angesichts der wunderschönen 101 117 welche für die Region Marche in Italien warb.
Nördlich von Treuchtlingen war der Bahnbau durch das Altmühltal sehr einfach, teilweise wurde lediglich ein kleiner Damm errichtet, einige Brücken über winzige Bäche geschlagen. Wegen den Schwierigkeiten südlich der Stadt kostete die Altmühlbahn dennoch rund 205.000 Mark pro Kilometer und damit das doppelte von anderen Strecken zu dieser Zeit. In Wettelsheim wurde damals auch ein kleiner Bahnhof errichtet, der ist jedoch längst Geschichte - wie nun auch unser Zug.
Links erkennt man den Grund für den Bahndamm: Hochwasser. Ja, diese kleine Pfütze... mehr Wasser war grad nicht verfügbar, als die Azubis der DB gegen Hass und Gewalt am Zug waren ;) Vielerorts reicht das normale Hochwasser bis an den Bahndamm heran, bildet sogar auf der anderen Seite kleine Seen. Fränkisches Seenland eben - auch eine Tourismusregion.
Ein bisschen mehr Wasser gibts da schon im Maintal, so wie hier bei Retzbach-Zellingen. Marcel Gsänger wartete am 22. April 2007 unseren Zug ab und sorgte somit für eine mehrmonatige Verspätung dieser Galerie: Da eine Zeitschrift das Bild noch drucken wollte und es nicht vorab im Internet erscheinen sollte, musste ich mich mit der Veröffentlichung gedulden...
Am 4. Februar wurden wir letztmalig mit einer Werbelok belohnt: 101 070, der Eishockeyclub Adler Mannheim, bespannte unseren Zug in beide Richtungen. Leider wollte Mittags eine Wolke unbedingt mit aufs Bild, und bei der Rückfahrt wurde es schon recht eng mit dem Sonnenuntergang. Einzig bei Aha blinzelte der gelbe Planet noch über die Höhen des Hahnenkamms, während über dem vorderen Stromabnehmer die Wülzburg herab lächelt.
Mehr Glück hatte da Sebastian Terfloth, der gut eine Stunde vorher auf den Auslöser seine Canon drückte.
Besonders war auch die Bespannung zum Ende des FIFA-Fussballl WM in Deutschland 2006: Wegen Lokmangels erhielt der Fernverkehr ja Stiere der ÖBB sowie die beiden 120er von DB Systemtechnik leihweise - 120 502 kam so zu Az-Ehren. Wie wichtig der DB schon damals allerdings der Az war zeigt dieses Bild: Nach Überholung durch einen Güterzug beschleunigt die Lok den Zug mit nun gut 20 Minuten Verspätung...
Tja, Marktbreit. Da fällt mir jetzt nix zu ein... Bild von Marcel Gsänger
Aber das ist nun alles vorbei. Wenn der Fahrdienstleiter in Dollstein heute gegen 16:30 auf den Bahnsteig tritt und wartet wird ihm kein Christophorus mehr winkend entgegen kommen - aber auch den Fdl MDO wird es ja nicht mehr lange geben... Sebastian Terfloth wird also seine liebe Mühe haben nochmals ein ähnliches Bild zu machen.
Und dann die letzte Fahrt: eine Schweinerei - besser hätte es wohl die DB selbstironisch nicht ausdrücken können als mit der total versifften und für die Bahn als umweltfreundliches Verkehrsmittel werbenden 101 137. Während der Mob sich bei Dollnstein um die besten Plätze prügelte warteten Markus und ich den Zug ganz gemütlich an einem unserer Stammplätze ab. Kein Pfiff, kein Wink, sang und klanglos verschwand er unter der Brücke. Das wars. Traurige Deutsche Bahn.
Was verblieb ist 1 Zugpaar pro Woche - Nachts. Lediglich im Hochsommer kann man diesen Zug in aller Herrgottsfrüh ablichten, so wie hier mit 113 309 am 4. Juli 2008.
 
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